Mundpiercing gefährdet die Gesundheit
Die Gefahren, die beim Piercing am und im Mund lauern, sind - wie auch bei derartigen Eingriffen an anderen Körperteilen - groß und reichen von relativ harmlosen lokalen Entzündungen bis zu schwersten Infektionen, allergischen Reaktionen und Nervenschädigungen. Zudem kann es zu Zahnfleischschwund, brüchigen und wackligen Zähnen und sogar Zahnverlust kommen. Immer mehr Menschen leiden an den Folgeschäden – ein guter Grund, sich vor so einem Eingriff noch einmal ernstlich zu überlegen, ob es nicht weniger riskante Möglichkeiten gibt sich zu schmücken.
Die gebräuchlichsten Piercings im und am Mund sind die der Lippen und der Zunge. „Zahnpiercing“ oder „Zahnfleischpiercing“ gibt es nicht, hier handelt es sich um Lippenbändchen-Piercing, wobei der Schmuck oberhalb der oberen mittleren Schneidezähne befestigt wird. Piercen ist ein invasiver Eingriff und stellt grundsätzlich die gleichen Anforderungen an die Hygiene wie ambulantes Operieren. Doch das Malheur beginnt oft schon im Piercing-Studio - mit Hygienestandards, die nicht eingehalten werden. Eine Ausbildung oder ein Befähigungsnachweis ist hierfür nicht erforderlich, es reicht völlig, sich dazu berufen zu fühlen. Auch die gebotene Aufklärung über die möglichen Folgen und das ganz wesentliche Erfragen von persönlichen Risiken (Allergien, übertragbare Krankheiten, Blutungsneigung usw.) wird häufig sträflich vernachlässigt. Ebenso gibt es weder Behandlungsstandards noch die Pflicht zur Dokumentation etwa von Komplikationen. Das darf dann oft der Arzt oder Zahnarzt nachholen, denn ein beachtlicher Anteil aller Piercings führt zu akuten Infektionen, die medizinische Hilfe erfordern. Schlimmstenfalls drohen sogar Hepatitis und Aids. Zudem können Allergien in allen Schweregraden auftreten. So besteht bereits bei ca. 20% der Piercing-Träger eine Nickel-Allergie. Und es geht noch weiter: durch nie auszuschließende Nervenverletzungen sind nicht nur vorübergehende Gefühlsstörungen möglich, sondern auch dauerhafte Schäden.
Ist eine akute Infektion erst einmal abgeklungen, können Lippen mit chronischen Schwellungszuständen reagieren. Bei der Zunge, wo nicht nur die Schleimhaut, sondern auch der Zungenmuskel selbst durchbohrt wird, kann es in der Akutphase zu starken Blutungen und zu Schwellungen bis zur Atemnot kommen. Auch Nervenschäden bis zur irreparablen Zungenlähmung sind möglich. Und auf Dauer bietet das natürliche Mundmilieu in beiden Fällen eine ständige Infektionsquelle. Doch auch Zähne und Zahnfleisch kommen keineswegs ungeschoren davon: durch das ständige Klappern mit Metallteilen an den Zähnen entstehen erst unsichtbare Schmelzrisse, später können Teile der Zahnkronen abbrechen. Bezüglich der Wirkung auf das Zahnfleisch stellt eine Studie in den USA fest, dass bei Zungenpiercing vor allem das Zahnfleisch der unteren Backenzähne und bei Lippenpiercing das Zahnfleisch der unteren Schneidezähne beschädigt wird. „Mundpiercing, auch wenn es nur kurz getragen wird, kann zu erheblichen Missbildungen des Zahnfleisches führen, die durch einen chirurgischen Eingriff nicht zufriedenstellend behoben werden können und letztendlich mit Zahnverlust enden“, so der Leiter der Studie, John K. Brooks.
Mal ehrlich, bei diesen Aussichten ist doch der Gedanke, sich mit harmloseren Mitteln zu verändern, regelrecht verlockend. Da gibt es Schminke und Schmuck, Schnallen, Kettchen und Bändchen, chic oder schrill, glitzernd oder düster - bei Bedarf auch jeden Tag anders. Sei es, um eine Stimmung auszudrücken, bewundert zu werden oder einfach nur aufzufallen. Und eines Tages wird wohl jeder und jede aus dem ganzen Hin und Her, dem Wechseln und Ausprobieren herausfinden, welcher einzige und unverwechselbare Typ er oder sie eigentlich ist und dann einen eigenen Stil entwickeln - zu dem die Piercings sehr wahrscheinlich überhaupt nicht mehr passen.
© Arbeitskreis Jugendzahnpflege Kreis Groß-Gerau